Das Thema „Arbeit” und die Entwicklungen des Arbeitsmarktes stehen regelmäßig im Zentrum wirtschaftlicher und politscher Diskussionen. Dabei besteht in der Regel Einigkeit darüber, dass die Zukunft – auch in Vorarlberg – bedeutende Veränderungen für Unternehmen wie für Beschäftigte mit sich bringen wird.
Technologischer Fortschritt, demografischer Wandel und globale Wirtschaftsentwicklungen machen Anpassungen in den Geschäftsmodellen und Arbeitsprozessen notwendig. Die Betriebe müssen innovative Lösungen finden, um den prognostizierten Fachkräftemangel zu bewältigen, Mitarbeitende zu halten bzw. weiterzubilden, und um moderne Technologien zu integrieren. Die Überlegungen gehen in alle Richtungen, mitunter auch zurück, wie etwa bei der Frage Homeoffice oder doch wieder vermehrtes Arbeiten im Büro. Was konkret sind hier die Herausforderungen, denen sich unsere Unternehmen im Land stellen müssen? „Exemplarisch” dazu präsentieren wir vier Positiv-Beispiele unterschiedlicher Branchen und Betriebsgrößen.
↗ Autohaus Rudi Lins: Führender Vorarlberger Autohändler für alle Marken der Volkswagengruppe
Das Autohaus Rudi Lins beschäftigt an sechs Standorten in ganz Vorarlberg über 220 Mitarbeitende. Mit Werkstätten für Karosserie- und Unfallreparaturen aber vor allem als Händler von Neu- und Gebrauchtwagen sind fortlaufende technische Entwicklungen für das Unternehmen praktisch selbstverständlich. Aber gerade mit der Elektromobilität hat sich hier in der jüngeren Vergangenheit nochmals ein ganz neuer Bereich etabliert. Nicht nur für das Unternehmen, auch für die Mitarbeitenden führt das zu neuen Herausforderungen. Steigende Anforderungen ergeben sich zudem durch einen allgemeinen, teils demografisch bedingten Fach- und Arbeitskräftemangel. „Der Vorarlberger Arbeitsmarkt ist hier in einer besonderen Situation durch die räumliche Nähe und die daraus resultierende Konkurrenz speziell mit der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein”, wie Geschäftsführer Rudi Lins betont.
» Der Arbeitsmarkt in Vorarlberg ist besonders geprägt durch die Konkurrenz mit unseren Nachbarländern Liechtenstein und der Schweiz. Im Österreichvergleich hat die duale Ausbildung bei uns eine noch stärkere Bedeutung. «
RUDI LINS,
GESCHÄFTSFÜHRER DER RUDI LINS GMBH & CO. KG
Als eine Strategie, um das notwendige Personal zu finden und zu halten, setzt das Autohaus auf Aus- und Weiterbildung. Rudi Lins dazu: „Für uns steht die duale Ausbildung im Vordergrund. Wir setzen sehr stark auf unsere eigenen Lehrlinge als zukünftige Fachkräfte und investieren entsprechend in die Lehrlingssuche und -ausbildung.” Zudem legt das Unternehmen einen stärkeren Fokus auf das Thema „Employer Branding˝ und bietet unterschiedliche Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Jobrad oder die Möglichkeit zu Homeoffice – zumindest in jenen Bereichen, in denen dies möglich ist.
Foto: Frederick Sams
Neben internen Konzepten und Lösungsansätzen braucht es aber auch verbesserte Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt, so der generelle Tenor, um dem bestehenden und noch weiter drohenden Arbeitskräftemangel zu begegnen. Für Rudi Lins zählen dazu konkret eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, ein erleichterter Zugang zu diesem für qualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten, Anreize für ältere Mitarbeitende, um länger in Beschäftigung zu bleiben und ein umfassendes Angebot an Kinderbetreuung, damit Familie und Beruf leichter vereinbar sind.
↗ Stefan Köb Holding: Neue Maßstäbe in der Gastronomie
Die Zukunft des Arbeitsmarkts und die damit verbundenen Fragen beschäftigen auch Stefan Köb von der gleichnamigen Stefan Köb Holding GmbH. Das Unternehmen ist Gesellschafterin der Lu.St. Hospitality GmbH, besser bekannt durch deren Gastronomiebetriebe bzw. Lokale wie das Hafenrestaurant „Pier69”, die Flotten-Restaurants der Vorarlberg Lines Bodenseeschifffahrt, die „LuSt” Cafè/Bar sowie die „Beachbar” in Bregenz und das „Surfmax” in Hard. Insgesamt arbeiten knapp 100 Beschäftigte in diesen Betrieben mit zum Teil ganz unterschiedlichen Konzepten, aber immer der Gastlichkeit verpflichtet und mit dem Ziel, besondere Momente zu kreieren.
» Unser Ländle bietet eine große Chance: Der Lebensraum, den wir hier haben, ist auf die kleine Fläche bezogen schon einzigartig. Das sollte viel mehr als USP, also unser Alleinstellungsmerkmal, für das Recruiting verwendet werden. «
STEFAN KÖB,
GESCHÄFTSFÜHRER DER KÖB HOLDING GMBH
Was den Arbeitsmarkt betrifft, sieht Stefan Köb Parallelen in ganz Mitteleuropa. Wobei sich seiner Meinung nach die Preispolitik hierzulande nochmals als speziell darstellt: „Die Kosten für Wohnen und Leben sind in Vorarlberg im Vergleich zum restlichen Österreich einfach über dem Durchschnitt. Für manche dürfte das ein Grund sein, sich nicht bei uns niederzulassen.” Auch für Köb braucht es daher dringend Erleichterungen bei den Rahmenbedingungen, also zum Beispiel den Lohnnebenkosten, der Entlastung bzw. Steuerbefreiung von Überstunden oder auch in Richtung von flexibleren Arbeitszeitmodellen bzw. Teilzeitbeschäftigung.
Die Gastronomie ist für das touristisch geprägte Vorarlberg jedenfalls sehr wichtig und gleichzeitig eine personalintensive Branche. Stefan Köb rechnet damit, dass die aktuell angespannte Situation am Arbeitsmarkt aber noch länger andauern wird. „Um so wichtiger ist es für uns, auf betrieblicher Ebene unsere Hausaufgaben zu machen. Beim Recruiting beispielsweise sind es Employer Branding sowie das verstärkte Nutzen von Netzwerken und digitalen Plattformen für Stellenausschreibungen. Im Bereich der Personalentwicklung wiederum setzen wir auf Weiterbildung und die Förderung von Talenten und vor allem: Wir machen diese sichtbar”, betont der Gastro-Profi.
↗ Fortix GmbH: Entwicklung herausragender Software und Web-Lösungen
Noch mal anders stellt sich die Arbeitsmarkt-Lage für mittlere bzw. kleinere Unternehmen dar. Eines davon ist die Fortix GmbH in Dornbirn, die mit derzeit acht Mitarbeitenden digitale Produkte und Online-Auftritte konzeptioniert, designt und entwickelt. Einer ihrer Mitbegründer und aktueller Geschäftsführer ist Martin Hämmerle. Hohe Lohnnebenkosten, wie schon zuvor erwähnt, oder pauschale Lohnerhöhungen sind auch für ihn Themen, denen er sich regelmäßig stellen muss.
„Als relativ junges und kleines Unternehmen stehen wir in direkter Konkurrenz mit großen Unternehmen und kämpfen um dieselben Talente. IT-Fachkräfte sind schließlich überall gefragt”, beschreibt Martin Hämmerle die Personalsituation in der IT-Dienstleistungsbranche und ergänzt: „Paradoxerweise ist das Lohnniveau in Vorarlberg für österreichische Verhältnisse sehr hoch, doch im Vergleich zur Schweiz und Liechtenstein, wo andere Rahmenbedingungen herrschen, können wir gehaltstechnisch trotzdem nicht mithalten.”
» Wir möchten motivierte und engagierte Talente finden. Für uns ist die Persönlichkeit oft wichtiger als die reine Fachkompetenz. Entscheidend ist, wie gut die Person in unser Team passt. «
MARTIN HÄMMERLE,
GESCHÄF TSFÜHRER DER FORTIX GMBH
Als eine Lösung verfolgt Fortix den Ansatz, besonders motivierte und engagierte Talente zu finden und so die Personalfluktuation gering zu halten. „Für uns ist dabei die Persönlichkeit oft wichtiger als die reine Fachkompetenz. Entscheidend ist, wie gut die Person in unser Team passt. Als junges und flexibles Team haben wir wahrscheinlich einen gewissen Charme, der uns hilft, Mitarbeiter langfristig zu binden”, erzählt Hämmerle.
In der Praxis schaut das dann folgendermaßen aus: „Wir führen Gespräche, die wenig an klassische Vorstellungsgespräche erinnern. Wir sind außerordentlich transparent und vermitteln klar, was von uns erwartet wird und was wir im Gegenzug bieten”, so Hämmerle. Besteht gegenseitiges Interesse, folgen die nächsten Schritte. Der IT-Experte weiß aber genauso, dass dieser Weg sehr aufwändig ist und das Risiko birgt, neue Teammitglieder intensiv auszubilden, bevor diese dann doch weiterziehen. Fortix legt daher großen Wert auf ein positives Arbeitsumfeld und attraktive Entwicklungsmöglichkeiten.
↗ Bäckerei Mangold GmbH: Sich täglich etwas Gutes gönnen
Die Bäckerei Mangold verbindet mit Bäckerei, Konditorei sowie Cafés und Verkaufsstellen im ganzen Land die Branchen Handwerk und Handel auf unterschiedlichen Ebenen. Dabei ist das Unternehmen mit mehr als 650 Mitarbeitenden ein wichtiger und sicherer Arbeitgeber. Der Familienbetrieb mit inzwischen der sechsten Generation in leitender Funktion pflegt Tradition und das Brot-Handwerk bereits seit dem Jahr 1850. Daniel Böni ist HR-Leiter bei Mangold und kennt den Vorarlberger Arbeitsmarkt daher bestens. Auch er nimmt durch die Grenzlage im wirtschaftsstarken Vierländereck einen hohen Konkurrenzdruck wahr. „Zudem werden in den kommenden Jahren mit der bevorstehenden Pensionswelle, den sich ändernden Vorstellungen von Arbeit bei den jüngeren Generationen und verschiedenen globalen Einflüssen mehrere Faktoren zusammentreffen, die alle Vorarlberger Unternehmen vor große Herausforderungen stellen”, analysiert Böni.
Foto: studio.mathis
Dennoch sieht der Personalverantwortliche viele Chancen für den Wirtschaftsstandort Vorarlberg, denn erfolgreiche Vorarlberger Unternehmen gehörten bereits zu den Pionieren bei Themen wie Familienfreundlichkeit, Personalentwicklung oder Infrastruktur. „Die Bedürfnisse der Menschen nach Zugehörigkeit, Sinn und Bindung werden sich nicht ändern. Hier sehen wir eine Hauptaufgabe der Politik und der Interessensvertretungen, nämlich in der Schaffung von Plattformen, über die sich Unternehmen austauschen, voneinander lernen und sich damit mehr vernetzen”, ist Böni überzeugt.
Gleichzeitig scheint klar zu sein, dass sich auch betrieblich einiges wird ändern müssen. Daniel Böni bzw. die Bäckerei Mangold verfolgen hier eine klare Strategie: „Selbst eine Traditionsbäckerei wird digitaler und teilweise automatisierter, zumindest wo dies zu einer Arbeitserleichterung führt. Trotzdem sind wir uns sehr bewusst, dass gerade im Handwerk und im Verkauf der Mensch in jeder Hinsicht im Mittelpunkt steht. Unser Fokus liegt daher sehr stark auf den bestehenden Teams und auf den Menschen, die bereits bei uns arbeiten. Hier werden wir auch in den nächsten Jahren auf allen Ebenen sehr viel Energie in die fachliche und persönliche Entwicklung unseres Personals investieren.”
↓ Mut zur Veränderung
Die Zukunft des Arbeitsmarktes hat natürlich längst begonnen. Traditionelle Arbeitsprozesse werden transformiert, genauso wie sich traditionelle Bewerbungsprozesse ändern oder bereits geändert haben. Neue Berufsbilder entstehen. Wie in vielen Bereichen bilden dabei die Digitalisierung und neue Kommunikationskanäle zentrale Aspekte dieser Entwicklung. Trotz der individuellen Herausforderungen gerade hier in Vorarlberg bietet die Zukunft aber auch enorme Chancen. Mit der richtigen Strategie, Flexibilität und Offenheit für Neues können sich Vorarlbergs Unternehmen in einer sich wandelnden Arbeitswelt weiterhin behaupten und die wirtschaftliche Entwicklung der Region positiv vorantreiben.
Autor: Bernhard Tschann ist Kommunikationsberater und
Agenturleiter bei der Dornbirner Agentur ikp Vorarlberg.
Dieser Artikel stammt aus dem Magazin Vorarlberger Wirtschaft Ausgabe #004.